Willkommen auf SAUERAMPFER-ONLINE
Hans Martins Elektronik-Experimentierseiten
Halbleiterelemente - selbstgemacht Wie man aus verzinktem Blech und Klingeldraht eine Diode macht Letzte Änderung: 5.4.2024 |
|
|
|
1. Die Herstellung |
|
Ob Diode, einen elektrischen Sensor für Luftfeuchtigkeit oder Varistor: die Grundlage dieser Halbleiterelemente ist der Metall-Halbleiter-Übergang. Ich führe hier die Herstellung einer Schottky-Diode mit Zinkoxid als Halbleitermaterial am heimischen Basteltisch vor. Der Versuch ist leicht nachzumachen. Das brauchen wir: Das brauchen wir: Ein Stück verzinktes Lochband aus dem Baumarkt ist die wichtigste Grundlage. Das gibt es im Baumarkt auf der Rolle. Ich habe die 12 mm breite Version verwendet. Das Lochband ist 0,7 mm dick. Dazu ein paar Zentimeter Klingeldraht aus Kupfer von 0,6 mm Stärke. Der Draht wird abisoliert. Aus weiterem Lochband und Stahlblech habe ich mir ferner eine Halterung zusammengeschraubt, mit der ich die Spitze des Drahts auf dem Blech präzise plazieren und an die Messschaltung anschließen kann. Das notwendige Werkzeug: eine Propangas-Lötlampe zum Ausglühen des Lochbandes, Zangen und Schraubenzieher. Als Stromquelle und zum Ansehen der Kennlinie brauchen wir einen Experimentiertrafo und das Oszi. So funktioniert es: Das Montageband besteht aus Stahlblech, das zum Schutz vor Korrosion mit einem wenige µm dicken Zinkbelag überzogen ist. Der Zinkbelag wird mit dem Gasbrenner oberflächlich oxidiert. Das Zinkoxid bildet eine gelblich-weiße, halbleitende Schicht, die ebenfalls nur wenige µm dick ist. Als Gegenelektrode wird dann die Spitze des Kupferdrahts auf das Oxid gesetzt. Dabei entsteht eine Schottky-Barriere. Hieran wird die Strom-Spannungs-Kennlinie bestimmt. |
So wird's gemacht: Ein paar Zentimeter des Lochblechs werden mit der Lötlampe an einem Ende ausgeglüht. Die Flamme soll nur auf eine Seite des Streifens gerichtet werden, nicht auf beide. Auf der gegenüberliegenden Seite zeigt die Zinkschicht ein Farbenspiel: sie wird zuerst grau, dann gelblich, und schließlich weiß und porös. Das ist, was gebraucht wird. So schaut's dann aus, wenn der Streifen kalt ist: Der Streifen ist in die Halterung eingebaut und der Kupferdraht auf die Oxidfläche vorsichtig aufgesetzt. Mit der Stellschraube kann man den Kontakt ganz sensibel justieren. Die weißen und gelblichen Stellen gehen am besten, die grauen sind weniger geeignet. An den schwarzen Stellen ist das Zinkoxid vom Eisen abgeplatzt. Jetzt kann die Messung losgehen:
|
2. Eine selbstgemachte Schottky-Diode |
|
Das Elektronik-Labor:
Eine Schalttafel mit einstellbarer Wechselspannung zwischen 2 und 16 Volt und das Oszilloskop zum Anzeigen der Kennlinien.
Die Schaltung zur Aufnahme der elektrischen Kennlinie mit dem Oszi. Das Prinzip ist folgendes: die Wechselspannung von Transformator fließt durch den Widerstände von 47 kΩ und den Messwiderstand von 4.7 (bzw. 1.0) kΩ zu der Drahtspitze und zum verzinkten Blech. Der 47-k-Widerstand ist optional und dient zur Begrenzung des Stroms, wenn man das Verhalten des Elements bei sehr kleinen Strömen untersuchen möchte. Bei höheren Strömen wird er einfach überbrückt. Wozu der 0.68-µF-Kondensator dient? Keine Ahnung. Ich dachte, ich könnte den Sinus aus dem Trafo damit "runder" machen. War aber nicht so. Den Schaltplan wollte ich deshalb aber nicht neu zeichnen.
Ein erster Blick auf das Oszi in gewöhnlicher Zeitdarstellung. Die Zeitbasis ist auf 5 ms/cm eingestellt, perfekt für die angelegte 50-Hz-Spannung. Oben die Spannung (5 V/cm), unten der Strom. Der Strom wird als Spannungsabfall am 4,7-kΩ-Vorwiderstand gemessen. 1 V/cm entspricht also ungefähr 0,2 mA/cm.
Im XY-Modus wird hier der Strom gegen die Spannung aufgetragen. Im linken Sektor: die Diode ist hier in Leitrichtung gepolt. Der Strom steigt mit zunehmender Spannung steil an. In der Spitze fließen 0,3 mA bei 4 V. Rechter Sektor: der Strom steigt in Sperrrichtung erst langsam an. Bei 6 V knickt die Kennlinie dann steil ab: der Zener-Effekt. Auch als Zenerdiode ist unser Halbleiter verwendbar!
Natürlich habe ich mich gefragt, was wohl die Diode bei einer Temperaturerhöhung tun wird. Mit dem Lötkolben und der Temperatursonde des Multimeters ging es hinauf bis 80°C. Leider ohne erkennbaren Effekt auf die Form der Kennlinie. |
So funktioniert das Halbleiterelement
Den prinzipiellen Aufbau des Halbleiterelements zeigt diese Skizze. Die Zinkschicht auf dem Eisenblech ist teilweise oxidiert. Eine geschlossene Oxidschicht bedeckt die Oberfläche des Metalls. Die Spitze des Kupferdrahtes wird vorsichtig dagegen gedrückt. Nicht zu fest, damit der Draht nicht zum Metall hindurchdringt. So entsteht eine elektrische Sperrschicht zwischen dem Metall und dem Oxid, eine Schottky-Barriere.
Sobald die Kupferspitze das Zinkoxid berührt, gelangen die Elektronen aus den Donator-Zuständen der Zinkatome, die direkt unter der Berührungsstelle sitzen, ins Kupfer, weil sie dort einen Zustand mit niedrigerer Energie einnehmen können. Die negativen Elektronen lassen die positiven Zinkionen, die ja im Kristallgitter festsitzen, zurück. In dieser Verarmungsschicht entsteht ein elektrisches Feld. Zwischen Kupfer und Zinkoxid entsteht ein elektrisches Kontaktpotential: das Kupfer wird negativ, das Zinkoxid positiv. So funktioniert die Diode als Stromventil: Wenn man eine positive Spannung an die Zinkseite legt, dann entzieht das elektrische Feld den Donator-Zuständen noch mehr Elektronen. Von der Kupferseite können keine Elektronen nachrücken, weil das Zinkoxid in der Verarmungszone keine freien Zustände in der Nähe der Fermi-Energie hat. Die hohe Energiedifferenz zwischen dem Fermi-Niveau, an dem das Kupfer freie Elektronen zur Verfügung stellt, und dem Leitungsband des Zinkoxids, das nahezu um die Bandlücke von 3,3 eV höher liegt, verhindert dies. Und allein mit ihrer thermischen Energie kommen die Elektronen nicht über diese Schwelle hinweg. Das reichte allenfalls für 0,1 eV. Als Röhrenbastler wissen wir, dass wir da schon kräftig hochheizen müssten. Der Strom ist also unterbrochen. Ist die Zinkseite dagegen negativ, dann driften stetig Elektronen von der Zinkseite in die Verarmungsschicht. Das Kontaktpotential bricht durch die vielen Elektronen zusammen. Der Strom der Elektronen kann ins Kupfer passieren. Aber in umgekehrte Richtung geht das nicht. Wenn allerdings die Sperrspannung sehr hoch wird, etwa 6 bis 8 Volt, dann schaffen Elektronen von der Kupferseite den Sprung in die Donatorniveaus und ins Leitungsband des Zinkoxids. Die Schottky-Barriere erleidet in Sperrrichtung einen Durchbruch. Die Verarmungszone wird vom negativen Kupfer her mit Elektronen aufgefüllt. Es fließt wieder Strom. |
3. Zinkoxid und Wasserdampf: Feuchtesensor und inverse Brennstoffzelle |
|
Beobachtungen an einem besonders dicken Zinkoxid-Belag Manchmal ist es mir passiert, dass der Kupferdraht nicht so recht Kontakt bekam. Oder ich hatte bald einen glatten Kurzschluss. Dies geschah vor allem dann, wenn ich den Kupferdraht auf eine weiße Stelle des Blechs aufsetzte, wo die Zinkoxidschicht besonders dick zu sein schien. Irgendetwas passierte, aber der Strom blieb sehr nahe an der Nulllinie. Siehe das oberste Bild in der rechten Spalte. Wenn die Oxidschicht zu dick ist, dann ist der Durchgangswiderstand zu hoch. Definitiv keine schöne Diode! Wasser auf die Mühle Im Eifer des Experiments bemerkte ich dann, dass sich auf dem Schirm des Oszi irgendetwas tat. Tatsächlich: wenn ich die Diode mit meiner Atemluft anhauchte, stiegt der Strom in Leitrichtung deutlich an. Die Feuchtigkeit der ausgeatmeten Luft schlug sich offenbar auf der Oxidschicht nieder und verbesserte deren Leitfähigkeit, und zwar nur in Vorwärtsrichtung der Schottky-Barriere. Nach dem Abtrocknen durch Anwedeln mit trockener Raumluft kehrte die Kennlinie wieder in den flachen Anfangszustand zurück. Das alles geschah innerhalb von Sekunden, und zwar völlig reproduzierbar. Die Bilder in der rechten Spalte zeigen Momentaufnahmen der Kennlinie bei zunehmenden Graden der Feuchtigkeit. Bei direktem Anhauchen ergab sich die perfekte Diodenkennlinie. Wohlgemerkt, ich habe kein Wasser auf die Oberfläche gespritzt. Allein der erhöhte Anteil von Wasserdampf in der Atemluft erzeugt diesen Effekt. Woher mag dies kommen? Nun, Zinkoxid ist hygroskopisch. Es verbindet sich leicht mit Wassermolekülen, die der porösen Oxidschicht mit der Umgebungsluft zugeführt werden. Wassermoleküle, die sich an Zinkionen in der Oxidschicht binden, geben ein Elektron an das stark positive Zinkatom ab. Dieses wird zum Donator-Ion. Das zusätzliche Elektron ist aber nicht fest an ein bestimmtes Zinkion gebunden, sondern es wird über das Leitungsband zwischen den Zinkionen herumgereicht, es ist mobil. Deshalb kann wieder Strom fließen. Dadurch erscheint im Oszillogram wieder die Diodenkennlinie. Was passiert mit dem Wassermolekül? Es wird in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Die Schottky-Barriere macht mit dem adsorbierten Wasser eine Elektrolyse. Die Mengen an Gas sind praktisch jedoch zu klein, um sie direkt nachweisen zu können. Unser Halbleiterelement ist gewissermaßen eine umgekehrte Brennstoffzelle. Sie produziert aus Strom Wasserstoff und Sauerstoff. Eine echte Brennstoffzelle macht das Umgekehrte, nämlich Strom aus Wasserstoff und Sauerstoff. |
Das Anhauch-Experiment
Das Halbleiterelement in trockener Raumluft:
|
Das passiert im trockenem Zinkoxid...
Kristallines Zinkoxid enthält schon im trockenen Zustand immer etwas zu wenig Sauerstoff. Die Sauerstoffatome wechseln vom Kristall ab und zu in die Atmosphäre. Gewisse Zinkatome sind daher nicht zweifach, sondern nur einfach positiv geladen: Zn+. Das sind die Donator-Zustände. Doch das passiert nur ganz selten. Immerhin reicht es in der Summe zur Bildung der Schottky-Barriere. Im elektrischen Feld der Verarmungszone gibt das Zn+-Ion das gewonnene Elektron bald an die nahe, positiv geladene Kupferelektrode ab und wird wieder zu Zn2+. Das Zinkoxid regeneriert sich an der Luft wieder, der Vorgang läuft ewig. |
... und das, wenn Wasser hinzu kommt.
In Gegenwart von Wasser, H2O, ist die Bildung von positiven Zn+-Ionen einfacher. Wasserstoff steht mit 0,00 Volt in der elektrochemischen Spannungsreihe niedriger als Sauerstoff mit +0,40 Volt. Das Zn2+-Ion entzieht dem Wasserstoffatom sein Elektron und spaltet das Wasser in H+-Ionen und atomaren Sauerstoff. Daher gibt es plötzlich viel mehr Donatoren im ZnO. Die Leitfähigkeit steigt an, die Diode wird "besser". Das Wasserstoff-Ion H+ diffundiert im Kristall zur Kathode. Dort erhält es ein neues Elektron und wird schließlich zu flüchtigem Wasserstoffgas. Und wenn das Wasser alle ist, dann sinkt der Strom wieder. |
4. Hohe Spannungen - elektrischer Durchbruch |
|
Varistor: spannungsabhängiger Widerstand
Legt man an das Halbleiterelement noch etwas höhere Spannungen an, dann kommt es schließlich zu einem Durchbruch noch anderer Art. Oberhalb von 12 V setzt plötzlich ein starker Strom ein, der hier 15 mA erreicht und ohne den vorgeschalteten Messwiderstand von 1-kΩ sicher noch weiter steigen würde. Das ist also das Vielfache im Vergleich zu der Situation, wo die Sperrschicht als Schottky-Diode arbeitet. Hier flossen maximal 0,3 mA. Beachten Sie auch, dass die Kennlinie oberhalb des Durchbruchs ihre Steigung umkehrt: der differentielle Widerstand ist wie einer Glimmlampe oder beim Negadyn negativ. |
Bei höheren Spannungen kommt es in der Verarmungszone zum Lawinen-Durchbruch. Das elektrische Feld ist nun so stark, dass auch im Innern der Zinkoxid-Schicht Elektronen ins Leitungsband gebracht werden, und zwar in großer Zahl. Oberhalb 12 V steigt der Strom deshalb dramatisch an. Die Richtung des elektrischen Feldes ist dabei egal. Die Ströme können um den Faktor 100 stärker werden als im normalen Diodenbetrieb. Die Kennlinie eines solchen Varistors ist im Gegensatz zur Diode symmetrisch. Keine Sorge, unsere selbstgebaute Diode verkraftet das ohne Weiteres. Es brennt so schnell nichts an. Stahlblech und Kupfer vertragen deutlich höhere Temperaturen als Silizium und Germanium. Im Teil der Kennlinie mit negativem differentiellem Widerstand können bei geeigneter Beschaltungen sehr hochfrequente elektrische Schwingungen entstehen. Das kommt daher, dass die Elektronen in der Halbleiterschicht "Ladungslawinen" produzieren und sich gegenseitig beschleunigen. Auch das konnte ich ab und zu beobachten, doch konnte ich bisher keine stabilen Schwingungen erzegen. Mal sehen. Hier gibt es noch einiges zu tun... Ähnliche Experimente finden Sie bei Sparkbangbuzz von Nyle Steiner. Ein gut funktionierender Modulator für ein eigenes Radiaprogramm auf Mittel- oder Langwelle wird auch auf den Seiten des Elektronik-Labors vorgestellt. |
Hans Martins Bastelseiten, 2021 - 24 |